Der Silbersee - ein Freizeitgelände in Gefahr

Der Silbersee - ein Freizeitgelände in Gefahr

KlartextNo5/01 Neuwied / Die Linke.PDS

Ein lobenswertes Beispiel für ehrenamtliche Tätigkeit trotz Problemen mit der Neuwieder Verwaltung

von Jürgen Wolfgang Mäuer

Nach der Einstellung des Kiesabbau im Silbersee 1989 schuf Werner Scheidweiler auf dem Gelände ein wahres Freizeitparadies. Bereits 1984 entstanden Pläne seitens der Stadt Neuwied im Engerser Feld ein Naherholungsgebiet zu gestalten. Schon damals war leider kein Geld in den Neuwieder Kassen um dies zu ermöglichen. Die damaligen Oberbürgermeister Schön und Schmelzer ermutigten Werner Scheidweiler immer wieder, den Silbersee zum Refugium für die Tierwelt und die erholungsbedürftigen Neuwieder umzugestalten. Bereits 1973 wurde nach 2- jähriger Bauzeit in Eigenarbeit das Vereinslokal des Angelsportverein Engers eingeweiht. Eine Baugenehmigung einzuholen hielt Anfang der 70er Jahre niemand für nötig. Dies hatte nichts mit Heimlichkeit zu tun, denn die “politische Prominenz” Neuwieds wusste von diesem “Schwarzbau” - ja überreichten regelmäßig die Urkunden für die Sieger im Wettangeln und feierten bei Karnevalsveranstaltungen mit. Ein nachträglicher Bauantrag wurde 1989 zwar wegen dem bestehenden Wasserschutzgebiet abgelehnt, von Abriss war aber bis vor kurzem - 28 Jahre nach Fertigstellung - kein Thema.

Seit 1989 handhabt Werner Scheidweiler das seltene Hobby, ein Naherholungsgebiet in Eigenarbeit zu errichten. Dafür wendet er mindestens 20 Stunden wöchentlich auf - ob Sommer oder Winter. Zu tun ist genug. Es entstanden ein Steiniglu, mehrere Grillplätze - teilweise mit Wetterschutz - Ruhebänke, ein Kinderspielplatz, Steinskulpturen, ein Beobachtungsturm und gemauerte, lauschige Plätze, die man eher in südlichen Ländern vermutet als im Neuwieder Becken. Sogar ein kleines Freilichttheater - das die Phantasie der Kinder anregt - ist entstanden. Der Bocciaplatz muss mal wieder erneuert werden und die Schutzmauer, die einen Lindwurm darstellt, ist auch noch nicht fertig. Immer wieder werden Bäume angepflanzt und wildwuchernde Büsche gezähmt. Arbeit noch für Jahre, denn die Ideen für weitere Attraktionen sind fast grenzenlos und das vorhandene muss ja auch gepflegt werden. Seit kurzem hilft regelmäßig ein rüstiger Rentner, der sich genau so selbstlos wie Werner Scheidweiler freut, wenn viele Besucher den Silbersee nutzen. Nebenbei werden klaglos die Hinterlassenschaften der achtlosen Gäste entsorgt.

Anerkennung erhalten die beiden Hobbynaturschützer natürlich auch - viele seltene Tierarten nutzen den Silbersee als Wohnplatz oder als Rastplatz im Frühjahr und Herbst. Mittlerweile wird das Gelände von Kindergärten und Schulen für den ganz besonderen Biologieunterricht genutzt. Gerade in der heutigen Zeit sind das fröhliche Toben und Lachen der Kinder die schönste Belohnung für die viele Mühe.

Eigeniniative wird gern gesehen - aber nur nach Vorschrift

Der Pressesprecher der Stadt Neuwied (Herr Jung) bestätigte, dass es Schreiben an potentielle Schwarzbauer im betreffenden Gebiet gegeben hat. Im Gespräch mit Oberbürgermeister Roth am 23. April diesen Jahres wurde Herrn Scheidweiler und seinem Sohn mündlich mitgeteilt, dass er alle Bauten auf dem Gelände abreißen müsse. Sollte er dieser Aufforderung binnen einem Jahr nicht nachkommen würde die Stadt Neuwied den Abriss veranlassen und ihm die Kosten in Rechnung stellen. Schriftlich ist allerdings bisher noch keine Aufforderung zum Abriss gestellt worden. Da drängt sich der Verdacht auf, die Stadt scheut sich, die behördliche Anordnung schriftlich zu geben, denn dann müssten ja auf dem Schreiben Rechtshilfebelehrung aufgeführt werden. Denn so eindeutig ist die Rechtslage nicht.

Die Angelhütte steht zwar auf dem Grundstück des Herrn Scheidweiler, Eigentümer ist jedoch der Angelsportverein Engers. Ob der Angelsportverein die finanziellen Möglichkeiten hat, den Abriss zu bezahlen ist zweifelhaft. Darüber hinaus steht die Frage, ob nach 28 Jahren Duldung eines ungenehmigten Vereinsgebäudes eine Abrissanordnung aufgrund fehlender Baugenehmigung überhaupt noch rechtmäßig ist, denn auch das Verwaltungsrecht kennt den Begriff des Gewohnheitsrechtes.

Bei der mündlich ausgesprochenen Abrissanordnung der Grillplätze stellt sich die Frage, ob das öffentliche Interesse an dem Freizeitangebot nicht wichtiger einzustufen ist, als pauschale Vorschriften. In wie weit hat die Stadt hier sogar die Verpflichtung den Bürgerwillen festzustellen und ihn zu respektieren.

Werner Scheidweiler versteht die Abrissanordnung nicht. Er stammt noch aus einer Generation, in der man sich auf das gegebene Wort eines Oberbürgermeisters verlassen konnte - und dieses Wort, dass er dein Naherholungsgebiet gestalten dürfe, hat er von den früheren Oberbürgermeistern der Stadt Neuwied - sowohl von OB Schön wie von OB Schmelzer. Trotz Kontrollen des Bauamtes und vor allem (regelmäßig und unangekündigt) des Wasseramtes, hat es noch keine Beanstandung gegeben. Die Anglerhütte steht (Luftlinie) keine 10 Meter vom Gelände der Firma Kann KG entfernt - aber mehr als 100 Meter vom Seeufer.

Seit Ende Mai 2001 bis heute haben sich mehr als 4000 Bürger aus Engers, Neuwied und Besucher aus ganz Deutschland in einer Unterschriftenliste gegen den Abriss der Grillplätze und der Anglerhütte ausgesprochen. Als es sich herumsprach, dass das Freizeitparadies in Gefahr ist, haben Kinder aus Engers sich spontan angeboten, mit den Unterschriftslisten von Tür zu Tür zu gehen.
Der Klartext Neuwied ruft gemeinsam mit den Naturfreunden Neuwied alle Bürger auf, in persönlichen Briefen an den Oberbürgermeister Roth, in Leserbriefen und mit Eintragung in Unterschriftenlisten den Unmut gegen die Abrissanordnung kund zu tun. Die Unterschriftenlisten liegen am Silbersee aus. Weitere Informationen sind im Internet auf der Seite www.silbersee.de gespeichert.

In Zeiten leerer Kassen der Gemeinden für die Gestaltung von Freizeiteinrichtungen sollte jede Stadt dankbar und glücklich sein, wenn ein Bürger aus seinen Privatbesitz ein Naherholungsgebiet schafft und ihn der Bevölkerung kostenlos zur Verfügung stellt. Die Bürger aber sollten den gewählten Volksvertretern klar machen, dass Neuwied ein Naherholungsgebiet braucht. Der Gesetzgeber hat Möglichkeiten gelassen, den Wert einer solchen Anlage über den Abrisszwang zu stellen.

Jürgen Wolfgang Mäuer, Puderbach


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